Buch24.de - Bücher versandkostenfrei




Wie ein paar Schleswig-Holsteiner die Kulturen des Alten Orients begründeten...

Seite 2



Die Belege in seinem Buch sind hauptsächlich mythologisch-vergleichender Art und beruhen gleichermaßen auf bildlichen Darstellungen wie auf mythologischen Texten. Das Buch ist gut aufgemacht, hat hervorragende Abbildungen und ist so flüssig und lesbar geschrieben, daß es auf viele Menschen sehr überzeugend wirken muß.
Umso dringlicher scheint die Notwendigkeit, die Hypothesen des Herrn Braasch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

Auf S.17-24 legt er ausführlich die Entwicklung von Hellhäutigkeit als Folge verminderter UV-Strahlung im Norden dar. Trotz einiger Skepsis kann man der Auffassung, daß ein Zusammenhang zwischen Sonneneinstrahlung und Hautfarbe denkbar ist, noch folgen. Auf S.55 wird aber nun plötzlich und unvermittelt behauptet:

"Blonde Haare entstehen als genetisches Merkmal eines Volkes nur in einem Gebiet mit schwacher UV-Strahlung und Vitamin D-Mangel."

Von blonden Haaren war aber bisher überhaupt nicht die Rede, sondern ausschließlich von heller Hautfarbe! Hier ist ein großer logischer Bruch, mit dem der Leser überrumpelt werden soll. Wenn ein derart simpler und vor allem monokausaler Effekt für die Entwicklung blonder Haarfarbe angenommen werden soll, müßte der sich schließlich auch bei anderen nördlich lebenden Völkern beobachten lassen. Er wäre dann auch nicht auf den Menschen beschränkt, sondern müßte sich ebenfalls beim Fell der Tiere wahrnehmen lassen..
Nun bringt Braasch als weitere Ursache die Rachitis aufgrund von Mangelernährung ins Spiel. Dem ist entgegenzuhalten, daß Rachitis eher ein Problem rezenter Populationen ist und bisher keine prähistorischen Skelette mit rachitischen Merkmalen bekannt sind.
Auch wenn Nachrichten aus sehr viel späterer Zeit (Tacitus) die Einwohner Germaniens als rotblond bezeichnen, sagt das überhaupt noch nichts, denn eine einzelne literarische Aussage kann niemals einen naturwissenschaftlichen Beweis darstellen.
Ob die Germanen durchweg naturblond waren, ist vor allem im Licht jener Information zu hinterfragen, nach der die Kelten, die in den antiken Quellen völlig willkürlich von den Germanen getrennt werden, sich die Haare mit Kalkwasser hell färbten.
Wenn man sich einmal die Bevölkerung Islands anschaut, die einen Musterfall von genetischer Isolation darstellt, und die aus von Norwegen eingewanderten Germanen besteht, entdeckt man, daß das klassische Bild des blonden und blauäugigen Skandinaviers dort keineswegs vorherrschend ist.
Selbst wenn man sich auf die Tatsache einigt, daß blonde Haarfarbe in historischer (!) Zeit hauptsächlich in Nordeuropa feststellbar ist, heißt das noch lange nicht, daß sie nur dort entstanden sein kann und nirgendwo anders jemals aufgetreten ist.
Zudem gibt es auch andernorts Bevölkerungsteile, die durch Blondheit auffallen, z.B. die indogermanischen Tocharer der chinesischen Quellen, sowie die rezente Bevölkerung in Zentralanatolien. Nun weiß man ja, daß die dort angesiedelten Galater Kelten waren. Wenn die auffallend hohe Zahl der dortigen blonden Individuen tatsächlich noch ein genetisches Erbe der Kelten darstellen sollte, beweist das zumindest eines, nämlich daß die entsprechende genetische Anlage in andersartiger Umgebung keineswegs so schnell herausmendelt, wie Braasch das für die folgende Argumentation gern hätte.

zurück nach oben weiter