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Wie ein paar Schleswig-Holsteiner die Kulturen des Alten Orients begründeten...

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Nun aber einmal etwas Positives. Braaschs Deutung der weitverbreiteten Spiralmuster auf S.83-85 finde ich sehr gelungen und nachvollziehbar.
Er deutet die Konzentrik als die scheinbar enger werdende Sonnenbahn im Winterhalbjahr, und daß die Spirale ein Sonnensymbol sein dürfte, darüberherrscht durchaus Konsens. Es geht aber nicht an, die Spiralornamente ausschließlich mit den norddeutschen Megalithikern in Verbindung zu bringen.
Denn ausgerechnet in Norddeutschland und auf der jütischen Halbinsel sind mir Spiralmuster an Megalithbauten überhaupt nicht bekannt. Gerade hier, wo Braasch ihre Entstehung vermutet, müßten sie demnach doch konzentriert zu finden sein.
Die einzigen Verzierungen an nordischen Großsteinbauten bestehen aber aus den bekannten "Näpfchen". Andererseits sind die Spiralen gerade in Gegenden belegt, wo es nie Megalithbauten gegeben hat, nämlich in den donauländischen Kulturen ebenso wie auf dem Balkan.

Ab S.89 wendet sich das Buch nun endgültig dem frühen Ägypten zu. Auf S. 89 wird dargestellt:

"Als erstes wurde von den neuen Herren die Grundlage für eine objektive und damit gerecht erscheinende Steuererhebung geschaffen (...) Offensichtlich konnte in wenigen Jahren eine wirksame Verwaltung entwickelt und durchgesetzt werden."

Auf S.149 wird es noch deutlicher:

"Sie [die norddeutschen Megalithiker, K.O.] fanden für ihre Boote ein natürliches Wegenetz (...) Sie schufen in kurzer Zeit eine straffe Verwaltung."

Da fragt man sich doch, wann und wo diese Megalithiker, die kurz zuvor noch Schleswig-Holstein als nomadisierende Rinderhirten durchstreift haben sollen, gelernt haben, praktisch über Nacht ein geordnetes Staatswesen mit zentraler Verwaltung zu errichten und warum sie das überhaupt gewollt hätten.
So simpel hat sich der Beginn der ägyptischen Hochkultur doch wohl nicht abgespielt. Die Notwendigkeit zur Organisation entstand aus der Konzentration vieler Menschen auf den begrenzten Raum des Niltales, und dieser Prozess ist auch stufenweise belegbar.
Außerdem erfolgte die Reichseinigung vom südlichen Oberägypten aus, und nicht vom Delta. Braaschs Mystifizierung der prädynastischen Epochen beruht lediglich auf unserer Unkenntnis von Herrschernamen.
Die Vorläuferkulturen des Alten Reiches selbst kennen wir sehr wohl.
Ägyptologen der Universität Heidelberg graben seit Jahren unter Hilfe von Pumpen prädynastische Siedlungen im Delta aus, die teilweise unter dem Grundwasserspiegel liegen, und Forscher anderer Institute und Länder tun dies auch.

Braaschs Behauptung, Kühe hätte es im frühen Ägypten nicht geben können (S.94) stimmt auch nicht. Während im frühen Delta der Ackerbau vorherrschte, sind bei den Nomaden Oberägyptens Rind, Schaf und Ziege belegt. Auch die Rinderhaltung hat sich also von Süden nach Norden ausgebreitet und nicht umgekehrt.
Hätte der Verfasser sich vor der Veröffentlichung nicht einmal über den aktuellen Forschungsstand informieren können?

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